Wie Haus eG und OEKOGENO genossenschaftliches Wohnen in Ehrenkirchen zukunftssicher machen.
Der Quartiersplatz der „Zwischendörfer“ in Ehrenkirchen liegt heute im warmen Spätsommerlicht. Unter einem hellen Sonnensegel steht ein langer Tisch, groß genug für viele Teller und Geschichten. Drumherum ein Sammelsurium aus Bänken und Stühlen – nichts davon aus einem Guss, alles sichtbar beigesteuert von Nachbar:innen. Auf der Tischplatte eine Reihe leerer Schüsseln und Kisten mit ein paar letzten Obststücken – stille Belege von Foodsharing in der Nachbarschaft. Hier treffen wir Isabella Liessem-Schrot, Bewohnerin und neue Aufsichtsrätin im gemeinschaftlichen Wohnprojekt „Zwischendörfer“.
Zur Person
Isabella Liessem-Schrot wohnt seit Frühjahr 2023 im OEKOGENO-Wohnprojekt „Zwischendörfer“ in Ehrenkirchen bei Freiburg. Seit August 2025 ist sie Aufsichtsrätin in der Haus eG und engagiert sich dafür, dass genossenschaftliches Wohnen im Quartier gelebt wird.
Genossenschaftliches Wohnen im Quartier
Frau Liessem-Schrot, sie leben jetzt seit 2023 in den Zwischendörfern und haben bestimmt schon einiges hier erlebt. Gibt es einen Moment, der das Leben im Quartier für Sie auf den Punkt bringt?
Vor kurzem hatten mehrere Nachbar:innen im Quartier eine regelrechte „Zucchinischwemme“ und wussten nicht, was sie mit dem ganzen Gemüse anfangen sollten. Daraus ist dann ohne langes Planen die Idee eines „Zucchinifests“ entstanden und wir haben Zucchini in allen möglichen Variationen gegessen. Jemand machte Zucchini-Smoothies, andere backten Wähen, Tartes und verschiedene Kuchen – sogar mit Schokolade! – und Zucchinistreifen aus dem Backofen. Das passiert hier immer wieder: Ein:e Wohngenoss:in hat eine Idee, fragt in die Runde, wer Zeit und Lust hat, und wer möchte, bringt sich ein. Jetzt im Herbst machen wir bald wieder unser Zwiebelkuchenfest, denn kochen und gemeinsam essen stärkt die Gemeinschaft.
Was hat Sie damals, als Sie vom Projekt erfahren haben, besonders angesprochen?
Ich wollte in einer Gemeinschaft leben, in der Nachbarschaft nicht zufällig passiert, sondern gewollt ist, in der man spontan rausgehen kann, Leute trifft, ein kurzes Schwätzchen hält und Projekte auf die Beine stellt. Und diese Art von Gemeinschaft habe ich hier tatsächlich auch gefunden.
Verschiedene Arbeitsgruppen haben die ungenutzte Räume im Untergeschoss eines der Häuser umgestaltet. Es gibt dort jetzt einen Kreativraum für Malen und Basteln und einen Toberaum für Kinder, der vor allem bei schlechtem Wetter genutzt wird, außerdem wurde eine Sauna installiert.
Einen Kreativraum für mich alleine einzurichten, um meinem Hobby ,der Malerei, nachzugehen, wäre aus Platzmangel in meiner Wohnung nicht möglich gewesen. So können alle großen und kleine Bewohner diesen Raum zum Malen, Basteln und für andere kreativen Tätigkeiten nutzen. Zwei mal in der Woche vormittags, wird für die älteren Bewohner*innen im Gemeinschaftsraum Gymnastik angeboten. Dieses Angebot nutze ich von Anfang an.
Welche Werte sind Ihnen beim (Zusammen-)Leben besonders wichtig?
Respekt, Toleranz und ein achtsamer Umgang – miteinander und mit der Natur. Gerade bei Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen sind diese Werte der Kitt der Gemeinschaft.
Genossenschaftliches Wohnen braucht Engagement
Wie sind Sie auf das gemeinschaftliche Wohnprojekt aufmerksam geworden? Sie haben ja damals noch am anderen Ende von Deutschland gelebt?
Als mein Mann in Rente ging, wollte ich als sonnenverwöhnte Süddeutsche wieder zurück. Von den Zwischendörfern habe ich über Bring Together erfahren, das ist eine Vermittlungsplattform für gemeinschaftliches Wohnen. Zunächst hieß es, alle Wohnungen seien vergeben, aber wir blieben im Gespräch. Nach einigen Videocalls und dem ersten Kennenlernen hat es dann geklappt und wir sind im März 2023 eingezogen.
Welche Herausforderungen haben Sie in den ersten Monaten erlebt?
Der Start war etwas holprig: Die ersten Bewohner:innen sind kurz nach Corona eingezogen, Baumängel, der Wechsel von Bewohner:innen und unsere Ansprechpartnerin bei der OEKOGENO fiel krankheitshalber aus. Wir mussten lernen, dass wir nicht in der Rolle von Mieter:innen verharren dürfen, sondern Verantwortung übernehmen. Arbeitsgruppen – etwa zu Transparenz, Vermietung oder Gemeinschaft – haben uns hier sehr geholfen.
Zwischen Dach- und Projektgenossenschaft
Warum haben Sie sich entschieden, für den Aufsichtsrat zu kandidieren?
Mir war wichtig, die Perspektive der Hausgemeinschaft einzubringen. Wir haben hier vor Ort einige Baustellen – vom Alltagsmanagement bis hin zu finanziellen Fragen. Ich möchte dafür sorgen, dass sie bei der Dachgenossenschaft OEKOGENO stärker wahrgenommen werden.
Wie sehen Sie die Zusammenarbeit zwischen OEKOGENO und der Haus eG?
Ich verstehe, dass die Dachgenossenschaft viele Projekte im Blick haben muss. Aber es ist auch wichtig, dass die Besonderheiten jedes Projekts ausreichend Beachtung finden. Da wünsche ich mir mehr Transparenz und mehr Präsenz – etwa durch regelmäßige Besuche oder einen Beirat.
Was sind die drängendsten Themen für die nächsten Jahre?
Finanzielle Stabilität. Es braucht zusätzliche Einlagen und Unterstützer:innen – und Lösungen, die für alle tragfähig sind. Wir wollen solidarisch bleiben und wirtschaftlich sauber aufgestellt sein.
Ein Blick in die Zukunft
Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Klare Regeln, offene Kommunikation und die „richtige Mischung“ im Quartier. Dann ist es wie bei einem guten Hefeteig: Wenn alles passt, geht die Gemeinschaft auf.
Was im Quartier als Zucchini-Idee beginnt, wird zur Haltung: Wer mag, macht mit. Ob in Arbeitsgruppen, im Aufsichtsrat oder bei kleinen Alltagsprojekten – Engagement hält unsere Gemeinschaft zukunftsfähig. Wenn du Teil davon werden willst, findest du hier die nächsten Schritte: Doppelstruktur erklärt, Mitglied werden, mitgestalten.